Die neue Wohnung. – Gleich nach meiner Rückkehr nach Singapur bin ich bei »Alocassia Apartments« eingezogen [1], dort war zum Glück eine Wohnung für einen vergleichbaren Preis wie den der Wohnung im »Valley Park« (siehe dazu LFS Nummer 1, Link: [2]) frei, mit anderen Worten: auch die neue Wohnung ist extrem überteuert und nur knapp bezahlbar. In der Stadt eine Bleibe zu finden, ist ein mittleres Kunststück, und bekanntlich habe ich die letzten zwei Wochen vor dem Flug in die Schweiz im Gästezimmer eines Kollegen verbracht. Die neue Unterkunft unterscheidet sich genügend von der ersten, um einen weiteren »Letter from Singapore« wert zu sein.
Die Räubergeschichte. – Nachzutragen bleibt die Erklärung, warum ich damals eigentlich so plötzlich aus dem Apartment in der River Valley Road ausziehen musste. Einigen habe ich die lange und verwickelte Räubergeschichte schon (in Auszügen) erzählt; hier nur die Kurzfassung. Gemietet hatten wir die Wohnung (in der Annahme, der Vertrag sei problemlos zu verlängern) bis zum 27. Juli von einem gewissen M.; bezahlt hatten wir ihm m.W. die Miete im voraus und eine saftige Kaution. Der erste Akt des Dramas: Wir erfuhren, eine Verlängerung sei nicht möglich, also: Auszug am 27.7., Mist. – Später gab es wieder Neuigkeiten von M., es sei ihm »ein Fehler unterlaufen«, wir müssten bereits zum 14. Juli ausziehen … schlimm genug. Das liess die Zeit zum Packen sowie Informieren von Freunden und Verwandten (und das so kurz vor meinem Geburtstag) schon äusserst knapp werden. Aber es sollte noch besser kommen: Am 11. Juli rief mich eine Mrs. T., die Eigentümerin, an. Ihr Vertrag mit M. sei nur bis zum 10. Juli gelaufen, die nächsten Mieter, mit denen sie einen Vertrag gemacht habe, kämen bereits am 13., und bis dahin sei noch zu renovieren. Mit anderen Worten, ich müsste bereits seit einem Tag aus der Wohnung sein. Ob ich es möglich machen könne, »bis morgen« auszuziehen und das Wohnzimmer so zu räumen, dass dort bereits am nächsten Tag mit Malerarbeiten begonnen werden kann … interessanterweise stellte sich heraus, dass M. sie für den Zeitraum bis zum 10. Juli mit platzenden Schecks, also nicht bezahlt hatte. Sauberes Geschäftsmodell, die Wohnung bis zum 10.7. mieten, nicht bezahlen, uns bis zum 27.7. untervermieten und unser Geld kassieren … alles klar! Für mich bedeutete das zunächst einmal enormen Stress: Ich musste also am nächsten Tag um fünf Uhr aufstehen, packte meine Sachen, räumte das Wohnzimmer und ging dann zur Arbeit. Der krönende Höhepunkt unseres Vertragsverhältnisses mit M. folgte aber noch: Da der Fehler bezüglich des Termins auf seiner Seite gelegen hatte, bot er uns eine temporäre Wohnung bis zum 27.7. an. Die Besichtigung derselben (nach langer Taxifahrt quer durch die Stadt), zusammen mit zwei Kollegen, verlief dann wiederum nicht ganz wie geplant. M. selbst war, anders als von uns gefordert, nicht anwesend, und von dem uns noch zustehenden Geld wusste der Helfershelfer, der uns bei der temporären Wohnung erwartete, nichts. Er führte uns dann aber in den zwölften Stock, öffnete die Wohnungstür – und dort standen einige Paar Schuhe. Da wohnte noch jemand! (Der Helfer: »Nur noch zwei Tage!«) Offenbar wieder eine »versehentliche« Terminüberschneidung … damit war das Fass übergelaufen, wir rückten ab, ich zog zum Kollegen in's Gästezimmer und der Entschluss, eine Anzeige bei der Polizei zu machen, stand fest. Und so kam's dann auch. Sagen sollte man noch, dass das Geschäftsgebaren von M. nicht üblich ist in Singapur, wir hatten schlicht das Pech, an einen Gauner zu geraten.
Der Vergleich. – Die neue Wohnung ist nun nicht unbedingt besser oder schlechter als die alte, sie ist nur in vielerlei Hinsicht anders. Der wichtigste Unterschied ist, dass diesmal hoffentlich alles in Ordnung ist mit dem Mietvertrag … Dann ist es keine Anlage mit mehreren hohen Wohntürmen mehr, sondern ein einzelner, vergleichsweise flacher Bau. Der Pool reicht nicht mehr bis zum Horizont, sondern ist eine Art grössere Badewanne im Innenhof. Es gibt kein Wachhäuschen bei der Einfahrt mehr, sondern vor der Tür einen freundlichen älteren Herrn an einem Campingtisch. Das Haus ist nicht mehr überwiegend von Japanern, sondern von Arabern bewohnt. Geputzt wird nicht einmal die Woche halbherzig, sondern täglich ziemlich ordentlich. Das tote graue wurde durch ein funktionierendes beiges Telefon ersetzt. Wo man vorher mit seinen Sorgen alleine war, gibt es jetzt eine Rezeption nach Art eines Hotels, wenn auch mit ungünstigen Öffnungszeiten. Zum Einkaufen reichen keine fünfzig Meter Fussweg mehr, jetzt ist es fast ein Kilometer (oder eine Busfahrt). Die Wohnung ist zwar deutlich kleiner und weniger schick eingerichtet, dafür ist alles ein ganzes Stück sauberer und ordentlicher (ich vermisse meine schimmelige Decke im Bad ;-)). Mir fehlt zwar ein Toaster, dafür gibt es eine Kaffeemaschine. Der Lift spricht nicht mehr! Ein Glück. Verschlechtert habe ich mich in erster Linie beim Fernsehen, kein Kabel mehr, ergo nur eine Handvoll Kanäle des singapurianischen Staatsfernsehens. Dafür ist eine Tankstelle in's Haus integriert, und wer sonst hat schon sowas!
Alocassia liegt etwas weiter entfernt vom Arbeitsort, dafür gibt es eine reichhaltige Auswahl an Verbindungen. Fotos werden nachgeliefert, wenn ein bisschen mehr die Sonne scheint; eines kann ich aber schon jetzt sagen – so edel eingerichtet, wie die Bilder auf der Alocassia-Website das nahelegen, ist mein Apartment leider nicht. Ansonsten kann ich mich kaum beschweren.
Update, 2007-08-22: Gestern haben wir vor dem »Small Claims Court« wegen Nichterscheinens des Prozessgegners einen schnellen Erfolg erzielt und Recht bekommen. Es ergeht eine richterliche Anordnung an M., innerhalb von vier Wochen unsere Kaution zurückzuzahlen. Was passiert, wenn er's nicht tut, das weiss keiner so genau.
Update, 2007-08-26: Endlich gibt es auch die versprochenen Fotos, siehe [3]. Und noch ein paar Ergänzungen zur Wohnung: Die Putzfrau kommt auch am Samstag – das bedeutet Aufstehen um 7:30, grrr. Das Telefon kann nur angerufen werden. Die Klimaanlage ist flüsterleise, aber das Haus ist extrem hellhörig. Die Plastikchips für die öffentlichen Waschmaschinen kosten S$3 das Stück … insgesamt bin ich aber immer noch zufrieden.
[1]
http://www.alocassia.com.sg/
[2]
http://www.dgbrt.ch/lfs/lfs1.html
[3]
http://www.flickr.com/photos/dgbrt/sets/72157601673201371/detail...
Letters from Singapore (5): Unterkunft, die zweite
Sonntag, 2007-08-19


