Neben Shopping scheint Essen in allen Formen, zu allen Tageszeiten und in allen Preiskategorien zu den Lieblingsbeschäftigungen der hiesigen Bevölkerung zu gehören. Dieses Eindrucks kann man sich nicht erwehren, wenn man durch die Strassen im Stadtzentrum schlendert oder das lokale Fernsehen geniesst, wo dem Thema »Essen in Singapur« eigene Sendungen gewidmet sind, und nebenei sehr lustige, selbst wenn man kein Chinesisch versteht. Auch einschlägige Websites gibt es wie Sand am Meer [1][2]. Die Auswahl an Restaurants und Imbissbuden ist schlicht gigantisch. Normale Restaurants gibt es von günstig bis unbezahlbar, eine breite Palette an Landesküchen aus aller Welt. Zum Glück sind es nicht alles nur Fischküchen wie etwa in Hongkong … wer meine Einstellung zu Seafood kennt, weiss, warum ich darüber froh bin! – Noch viel spannender als Restaurants aber sind die für Singapur typischen »Hawker Centres« [3] und »Food Courts« (dasselbe, nur in klimatisierten Innenräumen). Da gibt es auf meist beachtlicher Fläche Tische und Stühle (wobei im mittäglichen Gedränge Tische auch mal mit einem hingeworfenen Tempopäckchen o.ä. reserviert werden, wie ich gelernt habe) und aussen herum eine Reihe von Theken, Schaltern oder kleinen Buden, wo man zu extrem günstigen Preisen alle erdenklichen (asiatischen) Speisen erwerben kann. Man nimmt die Sachen auf ein Tablett, holt sich noch eine Gabel oder vielleicht einen Drink und nimmt Platz, wo eben Platz ist. Eine einfache, zwanglose und effektive Art, die aufregendsten Ess-Erfahrungen zu machen …
Nehmen wir eines der bekanntesten Hawker Centres, das »Lau Pa Sat« [4] – es steht in praktisch jedem Reiseführer und hat sich sogar einen Wikipedia-Eintrag erworben [5]. Und: Es liegt für mich günstig in Gehreichweite, mittags, wenn ich beim Kunden oder in unserem eigenen Büro bin, und so verschlägt es die Kollegen und mich öfter dorthin. Eine herrliche alte, halb offene Halle, Foto siehe unten, wobei das Ding tagsüber natürlich nicht so leer, sondern sehr, sehr voll ist. Man denke sich also Sonnenlicht und eine stickige Hitze dazu, ebenso eine grosse Menschenmenge. Essen gibt es an dutzenden Schaltern in wirklich allen Farben und Formen; chinesisch, malaiisch, indisch, koreanisch, japanisch usw. usf. – … von lecker bis nicht so lecker (Fischkopf-Curry, mit ganzem Fischkopf; gebratene Hühnerbeine …). Gerne werden einem zu den Speisen auch Gratis-Beigaben wie kleine getrocknete Fischchen mitgegeben. Das Personal ist freundlich, auch wenn die gegenseitige Verständigung, nun ja, nicht immer sehr einfach ist. Mein Favorit ist momentan Ross Hailam Nasi Ayam, ein freundlicher Malaie. Die Maccaroni mit gehacktem Huhn waren bis auf die Knochensplitter gut, und die »fried dumplings« wurden frisch zubereitet für mich, als ich diese probiert habe. Lecker und halal. (Nachtrag: Inzwischen, im September 2007, wird Lau Pa Sat renoviert und die Standmieten steigen; Ross Hailam Nasi Ayam ist leider umgezogen.)
Nachdem ich immer wieder versuche, etwas anderes bei anderen Schaltern zu probieren, geht's aber eben manchmal auch, nun ja, beinahe schief. In unangenehmer Erinnerung ist mir die scharfe koreanische Suppe geblieben, in der praktisch alles enthalten war, was die Küche hergibt. Riesige Sojasprossen, ein paar Glasnudeln und ungefähr ein dutzend andere Zutaten, darunter auch zwei ziemlich grosse, mit dem Löffel unzerteilbare Brocken Fleisch. Das sind die Momente, in denen man um die Krawatte fürchtet! Oder die chinesischen Nudeln mit aufgeschnittenem Fleisch; in der im Preis enthaltenen Suppe schwamm doch ziemlich seltsames schwarzes (!) Gemüse. Manchmal will man's nicht so genau wissen. Apropos unzerteilbares Fleisch, Messer gibt es selten. Auch die Einheimischen, die nicht mit Stäbchen essen, nehmen höchstens eine Gabel und einen Löffel und zerteilen damit höchst kunstvoll auch zähere Stücke. Ich war in derselben Situation (bei einem Inder) erstmal ziemlich planlos. Wer hätte das gedacht, dass man als Erwachsener nochmal völlig umlernen muss, was den Gebrauch des Bestecks angeht.

Wenn ich gerade mal alleine unterwegs bin, zum Lunch, zieht es mich häufig in andere Gefilde, z.B. in's japanische »Yoshinoya« [6] im ersten Tiefgeschoss des OUB Centre, auch wenn angeblich Yoshinoya in Singapur nicht so viel taugt wie das japanische Original [7]. Leckere Beef-Schüsseln mit Reis und nicht ganz so leckere Miso-Suppe im Set, wobei ich dummerweise immer noch extra eine Gabel zum Beef bestellen muss (das mit den Stäbchen ist noch nicht so weit gediehen, dass ich das in der Öffentlichkeit vorführen kann). Auch lustig: die recht kleinen Stühlchen, auf denen man sich jedenfalls bei meiner Körpergrösse ein wenig albern vorkommt. Ansonsten gehe ich auch gerne mal in's griechisch angehauchte »Mycono« (jawohl, kein »s«), ebenfalls im OUB Centre. Oder, naja, ich geb's zu, in einen Burger King. Zum Ausgleich.
Nach dem Essen darf's dann gerne ein »Kopi-O« sein in einem »Kopi Tiam« [8]. Alles Bahnhof? Also gut. Kaffee schwarz, mit Zucker. Gebrüht mit Hilfe eines meist eher bräunlich-schwarzen Gewebesacks, als Filter, nicht unähnlich einer zu gross geratenen alten Socke. Und auch so ein Singapurianisches Café, vgl. der Link zu Wikipedia, gibt es in einer Passage beim Raffles Place, man muss nur wissen, wo. Wie er schmeckt? Nicht schlecht. Und dafür ist er sehr, sehr billig. »Kopi Peng« hab' ich aber noch nicht probiert, das wäre dann mit Eis …
Fazit: sehr spannend, und verhungert bin ich hier noch nirgendwo, dazu ist das Angebot auch viel zu vielfältig. Und trotzdem wünscht man sich manchmal eine Zürcher Kalbsbratwurst.
Update, 2007-07-18: Und wenn Singapurianer richtig, richtig exotisch essen gehen und dabei eine Menge Spass haben wollen, dann gehen sie zum Beispiel in's »Paulaner« [9] und geniessen die deutsche, bzw. bayerische und fränkische Küche. Und man soll es nicht fassen, die Einrichtung ist ausgesprochen gelungen und sehr authentisch, und das Essen heute abend war sensationell. Nürnberger Bratwürstchen! Sauerkraut! Und richtig gut! Man darf sich nur nicht irritieren lassen vom Schild im Treppenhaus, das zum sonntäglichen »Brünch« einlädt (deutsche Umlaute sind halt schon sehr sexy). Und den neugierigen bis amüsierten Blicken auf das »large beer«, und »large«, das ist hier eine Mass. Meine Güte, ich war lange nicht mehr so glücklich. Tränen in den Augen, erst vor Rührung angesichts des Stückchens Heimat in der Fremde, dann vor Lachen angesichts des »Weissbier Tiramisu« auf der Karte, die stolz vermerkt: »Our own creation of tiramisu with Paulaner wheat beer and pumpernickel bread«. – Und der Preis für das alles? In Ordnung. Bis auf die Mass, für S$28.
[1]
http://www.yum.sg/
[2]
http://www.sbestfood.com/
[3]
http://en.wikipedia.org/wiki/Hawker_centre
[4]
http://www.yoursingapore.com/content/traveller/en/browse/see-and-do/arts-and-ent...
[5]
http://en.wikipedia.org/wiki/Lau_Pa_Sat
[6]
http://www.yoshinoya.com/
[7]
http://eatbma.blogspot.com/2005/05/yoshinoya-singapore.html
[8]
http://en.wikipedia.org/wiki/Kopi_tiam
[9]
http://www.paulaner.com.sg/


