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Letters from Singapore (2): Klima
Donnerstag, 2007-06-21

Als Thema für den zweiten Bericht aus fernen Landen kommt natürlich nichts anderes in Frage als das Wetter [1] und die klimatischen Bedingungen … ein klitzekleines Problem des ansonsten attraktiven Standorts Singapur, mit dem man praktisch schon bei Verlassen des Flugzeugs konfrontiert wird.

Die nackten Zahlen: nachts nie unter 25°C, tagsüber je nach Wetter zwischen 29 und 35°C, dabei eine Luftfeuchtigkeit von 60 bis 95%. Nicht weit entfernt von einem türkischen Dampfbad, nur dass man eben nicht permanent in der Badehose unterwegs ist, sondern gelegentlich auch mit Hemd und Krawatte (wie z.B. ich täglich im Beruf). Zu Beginn fällt einem schier das Atmen schwer, aber man gewöhnt sich dann doch ein wenig. Was man allerdings zunächst stark unterschätzt, ist der Einfluss des Klimas auf das tägliche Leben. Das fängt damit an, dass man gar nicht genug Hemden haben kann. Die netten Leutchen in der Reinigung hier beim Haus strahlen schon immer, wenn sie mich kommen sehen, bin ich doch neuer Stamm- und Grosskunde und nehme häufig auch mal den Expressdienst in Anspruch, bei dem doppelte Preise gelten. Ich werde wohl definitiv noch ein paar Hemden kaufen müssen. Schnell.

Schwierig ist auch die Fortbewegung zu Fuss. Alle Strecken über 200 Meter können zur ernsthaften Plackerei werden, und wenn man nicht aufpasst, bekommt man vielleicht noch Kreislaufprobleme. Ein ausgedehnter Stadtbummel, oder – Bus verpasst, lauf' ich eben schnell die zwei Stationen? Lieber nicht. Wie es endet, zurück zum Stichwort Hemd, wenn man mal zwanzig Minuten (haben gereicht!) per pedes unterwegs ist, illustriert das folgende Bild von letzter Woche. Und ich schwöre, da ist kein Tropfen Wasser und keine Trickserei mit digitaler Bildbearbeitung im Spiel. Alles echter Schweiss.


Shirt

Übrigens, nur weil es heiss ist, muss das noch lange nicht bedeuten, dass die Sonne scheint. Bis jetzt war der Himmel fast immer mehr oder weniger finster, man stelle sich den Moment kurz vor einem heftigen Sommergewitter in der Schweiz vor, so ist das hier fast ständig. Und regnen, tja, das tut's auch, und gar nicht so selten, und wenn, dann aber aus Eimern. Überhaupt ist das Wetter sehr wechselhaft, jede Stunde ist das Bild ein anderes. Nur Abkühlung bringen auch die heftigsten Gewitter kaum.

Und bei der Hitze, was macht man da? Die Klimaanlage einschalten. Dieses ungeschriebene Gesetz gilt hier fast in jedem Gebäude, und bei der Wahl der Temperatur sind die Asiaten nicht zimperlich, da werden auch mal 18°C als Zielgrösse eingestellt. Das führt zu elendem Frieren am Arbeitsplatz (plötzlich hat die Anzugjacke wieder einen Sinn) und heftigen Kontrasten, auch in der eigenen Wohnung: Anlage an, zu kalt, Anlage aus – innerhalb fünfzehn Minuten wird es stickig heiss. Nachts ist sie dann schon aus Lärmgründen aus, was dazu führt, dass ich früh fast ohne Wecker alleine von der Hitze aufwache. Dann: Anlage an zum Frühstück – frieren, Wohnung verlassen, schon vor der Tür im Gang der erste Beinahe-Hitzekollaps … nicht zu reden vom Lift, dem Fussweg zur Bushaltestelle. Im Bus 19°C, frieren, dann umsteigen zur MRT (zum Verkehr beim nächsten Mal), schwitzen und beschlagene (!) Brille. In der MRT wieder garantiert nicht über zwanzig Grad, aussteigen, Hitzschlag, dann in's Büro, und beim Kunden im Büro, da ist es so eisig, dass sogar die Chinesen frieren. Das will etwas bedeuten.

Da lob' ich mir unser COMIT-Office. Da geht im gesamten Häuserblock um fünf vor sechs abends die Klimaanlage aus. Das spart Strom, und alle beeilen sich mit der Arbeit und sehen zu, dass sie nachhause kommen.

Update, 2007-06-22: Gestern schreibe ich das noch schön, und heute fall' ich schon wieder auf das Wetter herein. Neue Busverbindung zur Arbeit probiert, diese endet *eigentlich* unweit des Büros … aber die 700 Meter, die waren schon wieder ein Killer. 8:15 im Büro, schweissgebadet. Super.

Update, 2007-06-23: Heute gesehen bei Borders [2], einem sehr, sehr grossen Buchladen. Mit eigenen Augen. An der Wand vier Kästchen für die Steuerung der Klimaanlage. Eingestellt: 16 Grad. Nicht lauschige 18!

[1]  http://www.channelnewsasia.com/weather
[2]  http://www.bordersstores.com/stores/store_pg.jsp?storeID=223